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© Vivi­en Clai­re Bergjann

von Vivien Claire Bergjann

1

Wir haben uns nichts mehr zu sagen.
Sage ich.
In der Stil­le, in der Käl­te zwi­schen uns.
Du bist ver­stummt, erschro­cken,
die Wor­te sind
aus­ge­gan­gen.
Was kannst du jetzt noch an mich rich­ten?
Wir haben für uns nur noch weni­ge und
mit jeder Sil­be, die ich spre­che nähern wir uns der
Null.
Ich ver­brau­che jedes letz­te Wort.
Du nicht, du raubst Zeit.
Still.
Stumm.
Ver­las­sen von den Wor­ten,
ohne Sinn,
ohne Zweck.
Und du
und ich.
Ohne Sinn und Ver­stand.
Hän­de und Mün­der leer,
nur das Schwei­gen in der Hand.

2

Ste­hen zwi­schen zwei Stüh­len,
doch kei­ne Ahnung wo sie ste­hen.
Wie­viel Platz zwi­schen uns und ihnen ist -
Ich will es gar nicht sehen.

Sehen.
Sehen.
Was gibt es auch zu sehen?
Ich seh‘ immer nur Gehen.
Sehe wie ich gehe,
aber du, du bleibst ste­hen.
Ich will dich ja ver­ste­hen.
Erklär es mir beim Gehen,
aber du willst nicht, du kannst nicht,
du willst hier nur mit mir ste­hen.
Mit mir oder ohne mich, dass ist dir egal.
Das ist haus­ge­mach­te Qual.
Und eigent­lich
weiß ich ja, war­um du dich so zierst
und
dass ich gar nichts ver­lier,
Nichts an dir/für mich/für bald,
nicke ich und war­te und war­te und
ste­he noch hier.
Mit/neben/wegen dir.
Ste­hen zwi­schen zwei Stüh­len.
Aber sind es wirk­lich zwei?
Ich mache mei­ne Augen auf und sehe mich um
Dabei
sehe ich:
Da steht ein Stuhl, der steht da an der Wand,
der ande­re ist (gar nicht da).

Komisch, den­ke ich
doch mei­nem Gefühl war es klar.

Die illus­trie­ren­de Foto­gra­phie stammt von Vivi­en Clai­re Berg­jann selbst. 

Vivi­en Clai­re Berg­jann wur­de 2001 in Aalen gebo­ren und absol­vier­te nach ihrem Abitur ein FSJ Kul­tur am Thea­ter der Stadt Aalen. Hier insze­nier­te sie ein eige­nes Kin­der- und Jugend­thea­ter­stück, wel­ches auf­grund der COVID-19 Pan­de­mie zu einer digi­ta­len Insze­nie­rung umge­wan­delt wur­de. Das Stück „Sag doch was!“ hin­ter­fragt Mei­nungs- und Gesell­schafts­bil­der und ermu­tigt Kin­der und Jugend­li­che zu sich selbst und ihren Ansich­ten zu ste­hen.
Nach Abschluss ihres FSJ Kul­tur begann Vivi­en ein Stu­di­um der Kunst- und Kul­tur­ge­schich­te an der Uni­ver­si­tät Augs­burg. Neben­her geht sie wei­ter­hin ihrer Lei­den­schaft zum Schrei­ben nach und so ent­sprin­gen manch­mal Lyrik, Thea­ter­stü­cke, Kurz­ge­schich­ten oder Tex­te, wel­che sich nicht so rich­tig in eine bestimm­te Text­gat­tung ein­glie­dern las­sen, ihrer Feder. Sie schwankt zwi­schen har­ter Rea­li­tät und ver­träum­ten Visio­nen, wel­che zum Nach­den­ken anre­gen sollen.