© Gunter Glücklich
Augsburger Gespräche zu Literatur, Theater und Engagement 2022
Zusammenhalt bedeutet Konfliktfähigkeit und das konstruktive Ringen um die beste gemeinsame Zukunft. Er kann weder ‚von oben‘ verordnet, noch von Institutionen vorgeschrieben werden. Doch wer definiert also den Zusammenhalt und auf welcher Grundlage? Und muss die Vielfalt der Meinungen tatsächlich über alles gestellt werden? Müssen nicht auch „unverhandelbare Grenzen markiert werden, damit nicht diejenigen allein gelassen werden, die an die Demokratie glauben und die ihren Schutz brauchen?“ (Carolin Emcke) Gerade vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland stellt sich diese Frage einmal mehr.
Katja Petrowskaja ist spätestens seit dem Ingeborg Bachmann-Preis, den sie 2013 für Vielleicht Esther erhalten hat, eines der bekanntesten zeitgenössischen Gesichter der russisch- und deutschsprachigen Literaturszene. Dabei ist das Schreiben auf Deutsch für sie alles andere als eine Selbstverständlichkeit. 1970 in Kiew geboren zog sie 1999 nach Deutschland, nachdem sie zuvor Literaturwissenschaft und Slavistik an der Universität Tartu in Estland studiert hatte und 1998 an der Universität Moskau promoviert hatte. Erst mit 27 Jahren erlernte sie so, nach eigenen Angaben, erst das Deutsche. Zu ihren Veröffentlichungen zählen neben Vielleicht Esther auch der Essay Tausendundein Buch und ihre Kolumne Die Westöstliche Diva sowie ihre Fotokolumne im Sammelband Das Foto schaute mich an. schauinsblau hat mit ihr über Zusammenhalt, Familien und Identität gesprochen.