von Sennalilith Hoy
Habe beirrend festgehalten an Deja-Vus. Kümmere mich. Habe Deja-Vus. Als seien wir gestern durch einen Wald gezogen, durch einen Wald gezogen. Repeat. Als hätten wir gestern dieses vage Gefühl Verantwortung gehabt. Heute kümmern: Wir verheddern die Garne aus dem Fadenspiel.
Steppe
Wir sitzen auf überzogenem Styropor und synthetischen Daunen. Vermissen nicht gesprochen zu haben. Dann du, wie du meine Tür aufschwingst. Das offene Balkonfenster gegen die Gardine. Wir nicken förmlich, weil wir es gelernt haben. Du stellst dein fragendes Gesicht vor und wir sagen „gewiss“. Dass wir emotionalisiert sind, bemerken wir spät. Wir möchten irgendwie springen und finden uns in einem wasserleeren Pool. Um unsre Beine schlängeln sich dutzende Perserkatzen. Vorstellen: Wir landeten auf den fragil-massiven Colourpoints. Wir springen nicht. Die schmierigen Katzen (perlmuttweiß, lachsfarben, rose?) schmiegen sich maßlos an für sie auffindbare Körperpartien. Wir befangen uns, fühlen uns unsittlich. Wir kleben unsere Augen an die Weide der Cashmerefelle und vermuten nichts außerhalb des Pools. Wir sind brückenlos, fädeln einzeln zwischen Katzen und finden kein Netz. (Please try again later.)
Blossom
Wie ich dir brustunfähig gegenübersitze. Und du von den Splittern erzählst. Ich dir vis-a-vis auf dem unkomfortablen Stuhl im stickigen Zimmer. Dass es eine Heidenanstrengung sei, wie es dir schon den Hals schnüre, und ich dir brustunfähig gegenüber sitze. Meine Gelenke machen mich knoten. Ich dir erzähle und nicht weiß wovon. Meine Beine machen sich flechten und wir verknoten einander. Und ob ich wütend sei, hattest du gefragt und habe noch immer diese Träume, und fände kaum Ruh und einen Baum habe es gegeben. Ein Haus weiter hinten und ein zwei Äste, dürre im Baum. Würde nichts präzis erinnern, aber wäre übergriffen worden. Wie ich neben mir Platz nehme und eine reden lasse. Dein Hals schnürt, wie du mir brustfähig gegenüber sitzt und deine Augen Brücke machen. Ich neben mir Platz genommen in Knoten und karthatische Erwartungen bleiernd auf meinem Nacken habe. Dir gegenüber oder neben mir, wo ich habe Platz genommen und meine Mundwinkel zügelnd und mich deine Brustfähigkeit irritiert. Wie ich dir brustunfähig gegenüber sitze im stickigen Zimmer und meine Mundwinkel zügle und deinen Mundwinkel flimmernd meine, irritiert bin und sitze neben mir und verschwimme allmählich.
Cat‘s Cradle
Und wie du mich rückst, zwischen uns wieder die ganzen Perserkatzen. Ein Meer voll. Wie ich mich nicht rühre, erlebe ich nicht. Wir basteln auf Brusthöhe an Bauklötzen eine Einstellung. Ich rücke. Ich klotze und kloppe Form annehmend milde silberne Kugeln zurecht und bilde mir darauf Sportives ein. Dass ich halb stranguliert Form annehme. Aber wir heben seltene Katzenhaare auf und flechten sie zu einer schimmernden Kordel. Wir spielen Faden. Wie du die Katzenwiege machst und ich sie aufheben soll. (Wenn ich zu Boden geh, ruht über mir schultern die Ehrfurcht.) Nehme aber Daumen und Zeigefinger beider Hände durch die kreuzenden Schnüre und mache die Matratze: Ziehe die gekreuzten Schnüre außen her, schlüpfe unter den parallelen wieder obenhin vorbei, mache offene Gebärde. Vor uns ein x, doppelt gerahmt. Und wie es mit der Butter laufe oder mit der Margarine, fragst du und ich winde. Und wie dein Zimmer stickt.
Und ich erinnere die Nacht danach: Wie ich mich in gehäkelten Culottes wiederfand auf einem silbernen Tisch. Meine Schenkel kleben eisern auf. Wie ich dann eine Hand, nur eine Hand sehe, nur Daumen und einen Zeigefinger, sehe Digits, unsamt Arm, unsamt Körper dahinter. Ahne Koloss. Dass ich liege auf einer kalten Schale, habe einen gehäkelten Glockenrock an, der mit der Zeit, noch weiß war er, jetzt hollandaise, zwischen cyan und grüner Colouer etwas annimmt, zandern riechend. Und merke, und löse auf, und ich und der Rock werden aufgelöst, aber ich liege noch da, aber ich habe mich fort gestohlen noch und in das Rosenkranzbouquet von Oma gesetzt, dass mir niemand auf die Schliche komme, aber meine kalten Schenkel auf der klebrigen Fläche kommen mir in die taktile Sinnung. Silbern und Abdruck auf der Bare nehme ich wahr, nebenher. Der gelockte Faden, wie er weiter wächst, Gestalt abnimmt, mein entzarnter Glockenrock. Und die Schenkel immer kälter und klebriger werden auch. Ich, zunehmend fern. Polaroids von mir wie Panoramen. Halte den Camcorder bleiern auf dem Schultersack, dass ich ihn nicht lasse, mir nichts dir nichts, Artifical Trials, Delinquint Habits. Dann Biester-Faces, polyopiat, schwirren mir um die Schläfen und von der Lende her tauchen sie grinsend, mit den Fleischlippen eines, mit den Fleischlippen eines, mit den platzenden Lippen, mit Wulst, mit den schiebenden Fleischlippen eines, mit den […] Meine Wangen plustern. Wache zwischen geschwitzten Daunen und Joydeep und Fridas Gebärden auf. Schlichte mich auf, mir ist erbrechenswert. Leere den Hygiene-Eimer um mich aus. Mich ausleeren wie der Hygiene-Eimer. Leer werden. Leer-Sein. An meinen Füßen Plastik und Wattestäbe. Mein pulsierender Kopf, meine überdrüssige Kehle. Ich würge, es würgt. Sitze auf dem kalten Ring. Lasse das Licht im Off. Der Rest des Zimmers ist schwül.
Sit-Com
Habe beirrend festgehalten an Deja-Vus. Kümmere mich. Habe Deja-Vus. Als seien wir gestern durch einen Wald gezogen, durch einen Wald gezogen. Repeat. Als hätten wir gestern dieses vage Gefühl Verantwortung gehabt. Heute kümmern: Wir verheddern die Garne aus dem Fadenspiel. Unsere Köpfe machen sich wirre Pfade. Wir entgarnen unsre Wirrnisse, als hätten wir gestern schon hier gesessen und die Tage davor und die Tage zuvor auf dem unspektakulären Stuhl gesessen, auf dem sterilen Stuhl Platz genommen, uns gefaltet, uns die Glieder geknotet. Hätte noch ein Tisch gepasst zwischen deine Füße und meine. Zwischen deinen Füßen und meinen Füßen hätte noch Sicherheit Platz finden können und ein Tisch hätte massiv gegolten.
Ist kein Deja-Vu, wenn du sagst, wer sich aufmacht, wird wundbar, ist ein erstes Wunder heute, dass wir die verschränkten Arme entgarnen, als wären wir gestern hier gesessen, verschränkt, sitzen heute hier und entwirren uns also. Also wir irritieren einander mit Langeweile und als wären gefaltet gesessen wir schon gestern und der kantige Stuhl wäre uns unaufgefallen und uns entfaltend also. Als hätten wir gestern schon wühl und irre geworden die Glieder verrenkt, als würden wir, sitzen wir heute hier, Falter zu werden. Packen uns aus.
Lowlands
Müssen Fremder Heiligkeiten sein, dass mir die Poems. Und liegen Flor an Flor einander abseits, wie wir begeistert werden, Frida malt mit Buntstiften Sätze aufs Kraut. Stellen die Füße voreinander. Und mir die Brust (solar plexus) dehydriert noch einige Momente zuvor. Ist wie, dass es mich nicht geben müsste und jetzt das.
Wie ich aussehe hat nichts zu tun. Schaue mir spärlich Stunden Spiegel ins Auge. Bis mir die Brust, wie ich aussehe hat nichts zu tun und jetzt du. Deine Augen machen Elysium, ich muss immer ausweichen ich weiß nicht wie. Und mir dann Schwindel, umsirren mir Stellars wie Obstfliegen die Stirn. Und jetzt du.
SENNALILITH HOY: 1985 in Nürnberg geboren, studierte Psychologie und
Philosophie in Salzburg und Hamburg; lebt und studiert in Hamburg; gehört zu den Preisträgern des 21. Literaturpreises der Nürnberger Kulturläden.