© Laura Gesell
Die Installation The History of Brecht’s People im Brechthaus
von Laura Gesell und Hannah Bauer
Das Brecht-Festival 2023 bezog im Zuge des 125. Geburtstages des Namensgebers auch das Brecht-Haus mit ein, das Geburtshaus Bertolt Brechts. Dort fand eine Installation mit dem Titel The History of Brecht‘s People statt.
In dessen Erdgeschoss – inmitten von Brechts Lebensgeschichte – befanden sich vier Röhrenfernseher, auf welchen durch Bild- und Videoformate die Verbindung der Stadt Augsburg und deren Bürger*innen zu Brecht dargestellt wurde.
Im Mittelpunkt der Installation standen autobiografische Erzählungen von Augsburger*innen, die üblicherweise eher nicht im Zentrum der Stadt stehen und die durch die Installation hörbar wurden. Auf diese Weise wurden z.B. Lebens- und Erfahrungsberichte von Menschen mit migrantischen Hintergrund und deren Bezug zu Brecht sichtbar. Die Dokumentationen und Interviews führten Nazli Hanna und Natalie Sandsack durch.
Um den Besucher*innen die Möglichkeit zu geben sich die Interviews als „Podcast“ anzuhören, wurde zudem ein QR-Code eingeblendet über welchen man auf folgende Seite Zugriff hat: https://soundcloud.com/shamsiye?utm_source=mobi&utm_campaign=social_sharing&utm_terms=mobi_audio_ads.control
Daneben wurden Menschen befragt, die eine starke Affinität zur Literatur haben. Sie erzählten, teils auch in Form von Anekdoten, wie Brecht ihr Denken geprägt hat. So hieß es z.B. „Frau Kissel hat mich mit Brecht immun gegen Bullshit Pathos gemacht – Brecht der alte Bullshit Detektor.“
Auch die Augsburger Stadtpolitik und ihre Beziehung zu Brecht wurde aufgegriffen und die teils mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Schriftsteller kritisch hinterfragt. Zur Sprache kam u.a. die in den 1990er Jahren geführte Debatte um eine mögliche Umbenennung der Universität in „Bert-Brecht-Universität“. Das damalige Meinungsbild wurde durch die Zitation von Presseausschnitten rekonstruiert.
© Laura Gesell
© Laura Gesell
Alles in allem gab die Installation den Betrachtenden einen Einblick in verschiedene Perspektiven auf Brecht, die über eine einseitige Rezeption, die ihn nur als Schriftsteller betrachten, weit hinausgehen. Hierbei wurden vor allem die politischen Aspekte von Bertolt Brechts Leben beleuchtet. Aber auch die persönlichen Geschichten kamen zur Sprache und stellten eine Verbindung zwischen der historischen Figur Brecht und der Gegenwart seiner Geburtsstadt her.
Durch die in der Installation befindlichen samtigen, roten Sofas und die Röhrenfernseher, die auf einem Perserteppich platziert wurden, entstand eine Art gemütlicher „Wohnzimmer-Vibe“. Dieser schuf die nötige Nähe, um sich auf die Inhalte der Installation einzulassen und ließ dabei auch genug Raum für eine individuelle Auseinandersetzung.
Der angekündigte interaktive Part der Installation war jedoch wenig transparent. Eine ausführliche Instruktion wäre zur ganzheitlichen Wahrnehmung hilfreich gewesen. So sammelten sich viele gut gemeinte Ansätze, welche letztendlich in einem luftleeren Raum schwebten und in ihrer zusammenhangslosen Fülle nicht verarbeitet werden konnten.