Bilderbuch – Gelb ist das Feld

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© Maschi­ne Records

von Nina Gretschmann

Wenn ich sterbe dann in Liebe Overdose

Die öster­rei­chi­sche Band Bil­der­buch, rund um Front­mann Mau­rice Ernst, hat im April ihr sieb­tes Stu­dio­al­bum ver­öf­fent­licht und wie zu erwar­ten, hat sich die Band aber­mals sti­lis­tisch neu erfunden.

Wäh­rend auf dem schil­lernd schril­len Album Schick Schock noch affek­tiert mit der Hörer*innenschaft gespielt wur­de und Spliff, Soft­drink und ein Auto mit 7 Türen und 70 PS (Maschin) glei­cher­ma­ßen ver­herr­licht wur­den, befas­sen sich die vier Öster­rei­cher auf Gelb ist das Feld tief­grei­fend und facet­ten­reich mit der mensch­li­chen Gefühls­welt. Wie Nova­lis, einer der bekann­tes­ten deut­schen Roman­ti­ker, Anfang des 19. Jahr­hun­derts bereits ver­kün­de­te: „nach Innen geht der geheim­nis­vol­le Weg. In uns, oder nir­gends ist die Ewig­keit mit ihren Wel­ten, die Ver­gan­gen­heit und Zukunft.“

Und an Stel­le der ober­fläch­li­chen Schein­welt von Magic Life mit all den Sneakers4free und der SUPERFUNKYPARTYTIME wird die­ses Mal der Zau­ber der Natur zele­briert. Gel­be Fel­der, ster­nen­kla­re Nacht­him­mel, Blü­ten­staub erfüllt die Luft. Und mit­ten­drin in zärt­li­cher Zwei­sam­keit „nur du und ich und der Rest der Welt.“ Ob beim Nackt­ba­den im Nahuel Hua­pi, beim Day­drin­king in Iso­la­ti­on, die Momen­te zu zweit, oft­mals im Ein­klang mit der Natur, wo „nur Mut­ter Erde is wat­ching us“, wer­den in einem Mix aus Deutsch und Eng­lisch besun­gen. Neben der strah­len­den Son­nen­sei­te kommt die Schat­ten­sei­te der Lie­be jedoch nicht zu kurz. Weh­mut und Melan­cho­lie beglei­ten vie­le Songs. So zum Bei­spiel Dates, wo es heißt: „And all she wan­ted was the man of her dreams/ She´s got it in her hands but she can­not see.“ Ähn­li­che Töne las­sen sich auch in Schwar­zes Kar­ma („Oh, es bren­nen Feu­er tief in mir, doch ich kann nix füh­len.“), oder La Pam­pa fin­den, wo Mau­rice Ernst mit ver­letz­lich-weh­mü­ti­ger Stim­me singt: „Noch eine Nacht und ich weiß nicht wie. Der Mond fällt vom Him­mel und ich lass ihn ziehen.“

Über den 14 Songs liegt dem­nach auch ein Schlei­er der Sehn­sucht: Sehn­sucht nach Zwei­sam­keit, nach befrei­en­den Momen­ten in der Natur, kurz: nach Lebens­ge­fühl. Vie­les davon ging in den letz­ten zwei Jah­ren ver­lo­ren. Das Leben muss­te zwangs­wei­se pau­sie­ren, doch Bil­der­buch drückt mit Gelb ist das Feld wie­der auf Play! Sie lie­fern den Sound­track für das früh­lings­haf­te Erwa­chen aus einem lan­gen „Win­ter­schlaf“.

Und wie schön es sich anfühlt, von Bil­der­buch „geweckt“ zu wer­den, kann man am bes­ten auf einem Kon­zert der Öster­rei­cher erle­ben. Denn die Band gibt immer eine gran­dio­se Per­for­mance ab. Unab­hän­gig davon, wo und vor wie vie­len Leu­ten sie spie­len: Ob in der ober­ös­ter­rei­chi­schen Hei­mat bei einem Open-Air-Kon­zert in der Lin­zer Tabak­fa­brik (2017), oder bei einem inti­me­ren Kon­zert in klei­ne­rem Kreis, wie in der Augs­bur­ger Kan­ti­ne (2018) oder deka­dent und pom­pös vor der Kulis­se vom Schloss Schön­brunn in Wien auf einer rie­si­gen Büh­ne vor 15.000 Fans (2019), Bil­der­buch weiß sei­ne Fans zu unterhalten.

Auf der aktu­el­len Gelb ist das Feld-Tour­nee zei­gen die vier Öster­rei­cher nun, dass sie auch in bestuhl­ten Phil­har­mo­nien spie­len kön­nen. In der Münch­ner Isar­phil­har­mo­nie ver­gan­ge­nen Sonn­tag hat es jedoch kei­ne zwei Songs gedau­ert, bis die Mehr­heit der Besucher*innen von ihren Sit­zen auf­ge­stan­den ist, um zu den neu­en sowie alt­be­kann­ten Songs zu tan­zen. Das Kon­zert hat gezeigt, dass egal wie sehr sich die vier Öster­rei­cher musi­ka­lisch ver­än­dern oder neu erfin­den, ihre Aus­strah­lung und (Bühnen-)Präsenz bleibt bestehen. Bil­der­buch ist trotz Meta­mor­pho­sen immer noch Bil­der­buch, immer noch gran­di­os, immer noch überirdisch!

Wenn ich ster­be, dann ver­mut­lich in Bil­der­buch Overdose!

Gelb ist das Feld ist am 8. April 2022 bei Maschin Records erschienen.