Neue Wege der Informationsvermittlung

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Ein Interview mit den Gründern von Der Kontext

von Sven­ja Breuer

 

Im Zuge der Glo­ba­li­sie­rung und Media­li­sie­rung ver­net­zen sich ver­schie­de­ne Kul­tu­ren zuneh­mend. So erge­ben sich Dyna­mi­ken, die die Welt hoch­kom­plex machen. Doch in den Medi­en wird das kaum hin­rei­chend wider­ge­spie­gelt. Dort wer­den zuneh­mend nur noch Infor­ma­ti­ons­fet­zen zu aktu­el­len The­men ange­bo­ten. Da ist es nicht ein­fach, einen dif­fe­ren­zier­ten Über­blick zu erhalten.

Um in unse­rer Welt ein auto­no­mer Bür­ger zu sein, ist die­ser Über­blick jedoch wich­tig. Noch nie konn­te man sich so gut selbst infor­mie­ren und ori­en­tie­ren wie in der heu­ti­gen Zeit: Noch nie wur­de so vie­le Infor­ma­tio­nen gesam­melt und noch nie hat­te man einen so ein­fa­chen Zugang zu Infor­ma­tio­nen wie mit dem Inter­net. Mit dem Zugang zu die­ser Fül­le an Infor­ma­ti­on geht die Ver­ant­wor­tung ein­her, sich selbst­stän­dig zu infor­mie­ren. Doch Nach­rich­ten wer­den zuneh­mend nur noch sehr tages­ak­tu­ell und in sehr kur­zen „Schnip­seln“ eher neben­bei kon­su­miert. So kann es schnell vor­kom­men, dass der Blick für das gro­ße Gan­ze, d.h für die Zusam­men­hän­ge und Hin­ter­grün­de ver­lo­ren geht und die Ein­ord­nung aktu­el­ler Infor­ma­tio­nen zuneh­mend schwer fällt. Ein Münch­ner Medi­en­start­up will dem Abhil­fe schaf­fen – mit einem neu­en Online-Maga­zin, das Hin­ter­grün­de zu The­men des aktu­el­len Zeit­ge­sche­hens mul­ti­per­spek­ti­visch beleuchtet.

Schau Ins Blau hat die drei Grün­der Julia Köber­lein, Bern­hard Scholz und Erich Sei­fert interviewt.

SCHAU INS BLAU: Wie seid ihr dar­auf gekom­men, ein Hin­ter­grund­ma­ga­zin ins Leben zu rufen?

DER KONTEXT: Stän­dig hat­ten wir das Gefühl, dass wir nicht mehr wuss­ten, wie alles zusam­men­hängt. Zu vie­le Infor­ma­tio­nen pras­seln tag­täg­lich auf uns ein. Was ist wich­tig und was nicht? Wo lie­gen die Ursprün­ge? Was ist der gro­ße Kon­text von aktu­el­len The­men? Wie kann ich mich dar­in zurecht­fin­den und mir eine Mei­nung bil­den? Kom­ple­xe The­men sind oft schwer zu fas­sen, weil sie umfang­reich sind und weil vie­le Ein­zel­tei­le das gro­ße Gan­ze bil­den. Daher woll­ten wir für Alle, die sich für die Zusam­men­hän­ge inter­es­sie­ren, neue Mög­lich­kei­ten fin­den, um kom­ple­xe Infor­ma­tio­nen zu erkun­den und zu begreifen.

SCHAU INS BLAU: Wie ver­sucht ihr euren Lesern die­ses Erkun­den der The­men mög­lich zu machen?

DER KONTEXT: Da vie­le ver­schie­de­ne Gesell­schafts­be­rei­che bei jedem gro­ßen The­ma des aktu­el­len Zeit­ge­sche­hens glei­cher­ma­ßen wich­ti­ge Rol­len spie­len, ist es nicht mehr zeit­ge­mäß, ein gan­zes The­ma in ein ein­zel­nes Res­sort einer Zei­tung zu zwän­gen. Erst, wenn man das Zusam­men­spiel von Poli­tik, Wirt­schaft, Zivil­ge­sell­schaft und viel­fäl­ti­gen kul­tu­rel­len Ein­flüs­sen betrach­tet, kann man bei­spiels­wei­se die Zusam­men­hän­ge einer Flücht­lings­kri­se ver­ste­hen. Des­halb braucht es eine Dar­stel­lungs­form, die der Kom­ple­xi­tät und Ver­netzt­heit der The­men bes­ser gerecht wird. Daher haben wir uns für eine Visua­li­sie­rung in Form eines inter­ak­ti­ven Netz­dia­gramms ent­schie­den und eine ent­spre­chen­de Platt­form ent­wi­ckelt. Auf die­ser kann der Nut­zer sich zuerst einen Über­blick über die wich­tigs­ten Aspek­te und deren Zusam­men­hän­ge schaf­fen und sich dann eigen­stän­dig durch die „The­men­land­kar­te“ hindurchnavigieren.

Auf der Kar­te sind die Inhal­te in ihren Bezü­gen zuein­an­der ange­ord­net und ver­bun­den. Die Bedie­nung der Platt­form erin­nert an Goog­le Maps – nur für Infor­ma­tio­nen. Dabei funk­tio­niert die­ses Netz­dia­gramm wie eine The­men­land­schaft, die man durch zoo­men und ver­schie­ben bedie­nen kann. Je tie­fer man zoomt, des­to detail­lier­te­re Infor­ma­tio­nen bekommt man. So kann der Leser gera­de so tief in ein The­ma ein­tau­chen, wie er möch­te. Arti­kel sind zu inhalt­lich ent­spre­chen­den Kno­ten­punk­ten zugeordnet.

Die­se nicht­li­nea­re Erzähl­wei­se bie­tet dem Leser die Mög­lich­keit, sich das The­ma indi­vi­du­ell anzu­eig­nen und so bes­ser zu ver­ste­hen und zu verinnerlichen.

Somit ist die Platt­form eine digi­ta­le Inno­va­ti­on, die unse­re Ant­wort auf den gesell­schaft­li­chen Bedarf an Infor­ma­ti­ons­dar­stel­lun­gen ist, die eine Ein­ord­nung von Infor­ma­tio­nen in einen grö­ße­ren Kon­text erlaubt, indem sie Zusam­men­hän­ge visu­ell darstellt.

SCHAU INS BLAU: Was bedeu­tet es für die Arbeits­wei­se an einem Maga­zin, wenn es ein The­ma umfas­send mit sei­nen Hin­ter­grün­den dar­stel­len will?

DER KONTEXT: Gera­de für die Auf­be­rei­tung und Zusam­men­stel­lung der Inhal­te ist die Trans­dis­zi­pli­na­ri­tät des Teams, das das Maga­zin erstellt, beson­ders wich­tig. So kann auf sehr ver­schie­de­ne Erfah­rungs­schät­ze und Blick­win­kel zurück­ge­grif­fen wer­den, um ein The­ma umfas­send zu erfas­sen. Wir drei Grün­der kom­men zwar aus ver­schie­de­nen Dis­zi­pli­nen (Redak­ti­on, Design und Soft­ware), ken­nen uns aber auch in den jeweils ande­ren Dis­zi­pli­nen gut aus, da wir einen stän­di­gen Aus­tausch pfle­gen. Erst das Zusam­men­brin­gen der ein­zel­nen Exper­ti­sen ermög­licht es uns, ein Maga­zin zu erstel­len, das der Kom­ple­xi­tät der The­men, die es beleuch­tet, und der Ver­knüp­fung derer Teil­aspek­te, gerecht wer­den kann.

SCHAU INS BLAU: Wel­che Inhal­te kom­men in das Maga­zin und wel­che Ver­ant­wor­tung hat dabei eure Redaktion?

DER KONTEXT: Auf jeder The­men­land­kar­te wer­den Arti­kel, Gra­fi­ken, Vide­os und Audio­bei­trä­ge aus ver­schie­dens­ten Quel­len ein­ge­bun­den. So sol­len Inhal­te von ver­schie­de­nen Medi­en­häu­sern, von Blog­gern, You­tubern, Künst­lern, Roman­au­to­ren uvm. glei­cher­ma­ßen zu fin­den sein. Außer­dem führt die Redak­ti­on selbst Inter­views mit ver­schie­de­nen Exper­ten zum jewei­li­gen The­ma, die auch auf der Kar­te zu fin­den sind. Es ist span­nend zu sehen, wie Men­schen aus ganz unter­schied­li­chen Fach­rich­tun­gen das sel­be The­ma beleuch­ten. Die Her­aus­for­de­rung für uns ist dann, die­se ver­schie­de­nen Inputs zu einem gro­ßen Gan­zen zusam­men­zu­fü­gen, das in sich schlüs­sig ist und trotz­dem dem Plu­ra­lis­mus der Wert­hal­tun­gen und Welt­an­schau­un­gen der heu­ti­gen Zeit gerecht wird.

Die­se Dar­stel­lungs­wei­se gewährt eine Mul­ti­per­spek­ti­ve auf ein The­ma und ermög­licht es so dem Leser, sich mit­hil­fe der Infor­ma­tio­nen eigen­ver­ant­wort­lich eine Mei­nung zum The­ma zu bilden.

Unse­re Redak­ti­on nimmt somit den Lesern das Sam­meln und Zusam­men­stel­len von Infor­ma­tio­nen und Hin­ter­grün­den zu einem The­ma ab, über­lässt ihm aber noch die Ver­ant­wor­tung, selbst sei­ne Schlüs­se aus den dar­ge­stell­ten Posi­tio­nen zu zie­hen und sich eine eige­ne Mei­nung zu bil­den. Die­ses Dar­stel­lungs­kon­zept sen­si­bi­li­siert gleich­zei­tig auch für eine Offen­heit für Mei­nungs­plu­ra­lis­mus und ein Sowohl-als-auch-Den­ken, das heut­zu­ta­ge für eine Ver­stän­di­gung zwi­schen Kul­tu­ren, Dis­zi­pli­nen – letzt­end­lich Indi­vi­du­en — sehr wich­tig ist.

SCHAU INS BLAU: Aktu­ell kann man auf eurer Sei­te (www.derkontext.de) ja schon eine Beta-Ver­si­on des Maga­zins anse­hen. Ab wann ist das Maga­zin denn tat­säch­lich erhältlich?

DER KONTEXT: Das ist rich­tig. Nach der Beta­pha­se, in der wir viel Feed­back von Test­nut­zern gesam­melt haben, arbei­ten wir gera­de auf Hoch­tou­ren dar­an, die fina­le Ver­si­on fer­tig zu stel­len, die Anfang 2016 auf den Markt kommt. Um das zu beschleu­ni­gen, ermög­li­chen wir es allen Hin­ter­grund­in­ter­es­sier­ten uns durch ein Crowd­fun­ding zu unter­stüt­zen. Unse­re Crowd­fun­ding­kam­pa­gne star­tet am 28.12.15 auf Startnext.

SCHAU INS BLAU: Herz­li­chen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

 

Der Kon­text ist ein inter­ak­ti­ves Hin­ter­grund­ma­ga­zin, das ursprüng­lich aus der Mas­ter­ar­beit der Grün­de­rin Julia Köber­lein her­vor­ging. Zusam­men mit Ent­wick­ler Erich Sei­fert und Redak­teur Bern­hard Scholz ent­schied Julia Köber­lein, ein eige­nes Unter­neh­men zu grün­den, um ihre Idee als Online-Maga­zin umzu­set­zen. Die Unter­neh­me­rIn­nen wur­den vom EXIST-Grün­der­sti­pen­di­um geför­dert und erhiel­ten im Anschluss ein Sti­pen­di­um vom Media Lab Bay­ern. Ende Janu­ar 2016 endet das Media Lab Sti­pen­di­um. Ab 28.12.15 star­tet eine Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne auf Startnext.