Oppenheimer

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von Gabriel Gavran

Oppen­hei­mer! Oppen­hei­mer! Oppen­hei­mer! Der Hype­train ist end­lich im Kino. Das War­ten hat end­lich ein Ende! Die Nolan-Fans krön­ten die­sen Film schon nach dem ers­ten Trai­ler als Film des Jah­res. In Social Media kur­sie­ren jetzt schon über­all Memes. Die Inter­views mit Cil­li­an Mur­phy (Peaky Blin­ders) und Robert Dow­ney Jr. (Iron Man) ver­spra­chen ein Spek­ta­kel. Das bes­te Dreh­buch, der bes­te Film, an dem gear­bei­tet wur­de, so nann­te die Oppen­hei­mer Crew Nolans neus­tes Werk. Und wenn man ins Kino ging, sah man den Effekt sofort. Der Groß­teil der Besu­cher kam im Anzug an, die Vor­freu­de stieg selbst bei mir ins Uner­mess­li­che, der ers­te Shot von Cil­li­an Mur­phy im Clo­se Up und dann: Nichts. Fehlzündung.

Chris­to­pher Nolans Fil­me gehö­ren eigent­lich zu den Kory­phä­en der Film­in­dus­trie. Man sieht die Cast und weiß, dass Hol­ly­wood bei Nolan ansteht, wenn er an einem neu­en Werk arbei­tet. Mit Memen­to, Incep­ti­on, The Pres­ti­ge hat sich der Regis­seur einen Kult­sta­tus erar­bei­tet, der ihm vor­an­eilt. Aber bei Oppen­hei­mer fällt irgend­wie fast alles flach. Nolans Stil, viel zu cut­ten, meh­re­re Zeit­strän­ge mit­ein­an­der zu ver­bin­den, schnell zu erzäh­len, passt zu der Oppen­hei­mer-The­ma­tik über­haupt nicht. Man sitzt im Kino und fühlt sich regel­recht über­fal­len, mit der schie­ren Anzahl von Cha­rak­te­ren, die wahl­los in den Raum gewor­fen wer­den. Der gesam­te Film wirkt hek­tisch und kurz gera­ten, obwohl die Dau­er von 3h etwas ande­res hei­ßen soll­te. Gera­de die Geschich­te vom Vater der Atom­bom­be hät­te von einer etwas ruhi­ge­ren Erzähl­art mehr pro­fi­tiert. Die his­to­ri­sche Per­son Oppen­hei­mer war ein sehr zer­ris­se­ner Mann. Das legen­dä­re Inter­view mit ihm im Fern­se­hen, wo ihm die Trä­nen her­un­ter­lau­fen, zeigt eigent­lich, dass der Mensch mit sei­nem Gewis­sen zu kämp­fen hat­te. Aber so ein Bild die­ser Per­son wird in Oppen­hei­mer über­haupt nicht dar­ge­stellt. Inner­halb des Fil­mes wer­den 45 Jah­re in 3h ver­packt, was dazu führt, dass viel zu viel zu kurz kommt. Eine Flut an Infor­ma­tio­nen wird in der ers­ten Hälf­te des Fil­mes dem Zuschau­er um dem Kopf gewor­fen, ohne aber einen gerad­li­ni­gen Hand­lungs­strang zu fol­gen. Die Trade­marks von Nolan, wie zum Bei­spiel lau­te Töne, die alles zudröh­nen, füh­len sich stel­len­wei­se auch fehl am Platz an.

Auch die Figur Oppen­hei­mer wird sehr selt­sam dar­ge­stellt. Wäh­rend der Dia­lo­ge mit ande­ren Figu­ren, die meis­tens zu kurz kom­men, wer­den visu­el­le Effek­te von Ato­men und Licht­par­ti­keln ein­ge­spielt, die den Mann mehr als Magi­er und mys­ti­sche Per­son zei­gen, als den renom­mier­ten Phy­si­ker, der er auch war. Die Figu­ren­zeich­nun­gen im Film sind all­ge­mein sehr platt. In der zwei­ten Hälf­te des Fil­mes wird nach einem Spi­on der Sowjets ermit­telt, der im Strei­fen bei­läu­fig zwei­mal ein­ge­blen­det und erwähnt wird. Der dra­ma­ti­sche Effekt bleibt dabei voll­kom­men lie­gen. Die Figur David Hill, von Rami Malek gespielt, wird als kom­plett irrele­van­ter Cha­rak­ter behan­delt, nur um am Ende des Fil­mes den gro­ßen Twist her­auf­zu­be­schwö­ren. Die Figu­ren füh­len sich nicht greif­bar an, regel­recht platt und ideen­los, sodass man sie die meis­te Zeit nicht von­ein­an­der unter­schei­den kann.  Auch bei den Frau­en­rol­len kommt Nolan zu kurz. Jean Tat­lock, von Flo­rence Pugh ver­kör­pert, soll im Film als wich­ti­ge Affä­re Oppen­hei­mers ver­stan­den wer­den, wes­halb ihre 3 Sze­nen eher die Fra­ge auf­wer­fen, ob es die­se Figur über­haupt gebraucht hat. Selbst der Tod die­ses Cha­rak­ters fühlt sich stumpf und naja belang­los an. Emi­ly Blunt, im Film Jackie Oppen­hei­mer, wird ein­fach in die Hand­lung hin­ein­ge­wor­fen und bis zum Fil­men­de bleibt ihre Funk­ti­on unklar. Nolans Oppen­hei­mer fühlt sich wie eine bun­te Kis­te von Cha­rak­te­ren an, die alle irgend­wie wich­tig waren, aber von denen wir am Ende eigent­lich so gut wie nichts wis­sen. Der Film hät­te von einer gerad­li­ni­gen Erzäh­lung und eines über­schau­ba­ren Zeit­fens­ters pro­fi­tiert. So erlebt man ihn wie eine chao­ti­sche und schnell zusam­men­ge­schnit­te­ne Geschich­te, von der man nichts mitnimmt.

Aber Nolan macht auch eini­ge Din­ge rich­tig. Der Cast per­formt in den Sze­nen sehr gut, schöpft aber wegen des Dreh­buchs nicht ihr gesam­tes Poten­ti­al aus. Und man muss bei aller Kri­tik auch sagen: Die­ser Film ist schön anzu­se­hen. Schwarz-Weiß-Fil­ter, Kos­tü­me und Set­ting sind über­ra­gend in Sze­ne gesetzt. Selbst die Deto­na­ti­on der Atom­bom­be ist für den Zuschau­er ein visu­el­ler Sti­mu­lus, der beein­druckt. Durch sol­che Bil­der ist es umso mehr bedau­erns­wert, was am Ende dabei her­aus­kommt. Es ist kein grau­en­vol­ler Film, aber auch kein her­vor­ra­gen­der. Wenn man einen Sie­ger in die­ser Film­wo­che krö­nen müss­te, muss die Kro­ne ganz klar an Bar­bie gehen.