von Jona Kron
Irgendwo zwischen den höchsten Höhen, den tiefsten Tiefen und den klarsten Mitten treibe ich dahin. Ein schlaffer Körper dem Spiel der Gezeiten vertrauensvoll übergeben. Zarte Nässe verwischt die Konturen, dringt ein bis zum tiefsten Kern meines Selbst, wo sich beide aneinanderschmiegen und beginnen, in Einklang zu summen. Wie Flut und Ebbe kommen, verweilen und ziehen wir weiter. Sehnsucht treibt uns an fremde Ufer, Heimweh zurück in die Häfen vertrauter Gewässer. Längst haben wir die Eintönigkeit des Festlands verstummen lassen, beginnen stattdessen ungeahnte Schätze zu bergen von den Klippen und Stränden dieser Welt. Mit jedem Mal, an dem wir abprallen, einbrechen; ein Stück Stein, ein Sandkorn mehr, das wir mit uns forttragen, vereinnahmen, verinnerlichen. Manche Küsten aber sind weniger ergiebig. Ist der Fels zu glatt bleibt nichts hängen. Ist der Sand, wie gerade, abgetragen von einem Ort, an dem wir schon waren, spucken wir ihn schnell und angewidert wieder aus. Wiederholte Versuche loszuwerden, vergebens. Wiederum, wiederum wie Wiederkäuer wirklich wahrhaft widerspenstiger wahllos wiederverwerteter wiederkehrender wahnsinnig widerlicher wertentleerter Wahrnehmungen. Alles hier war schon mal und wir waren schon da. Schon erlebt. Schon verzehrt. Schon zu oft.
Ekel kommt in mir hoch.
Ein Gefühl wie Galle, die mir die Atemwege blockiert. Was soll das?
Eine leise Ahnung, die lauter und lauter und zur Gewissheit wird:
Es ist Furcht, die mich hinunter zieht, tiefer und tiefer
Bis sie es mir ausbuchstabiert hat
in den klarsten Lettern:
DU VERSCHWENDEST DEINE–
NEIN!
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Ich bin gestrandet. Ich höre Wellen, aber kann sie nicht spüren.
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Dissonanz, alles falsch! Ich will hier nicht sein!
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Ich will hier wirklich nicht alleine sein!
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Slow down! You get 6 skips per-
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Überall nur Großstadtwüste!
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Ich sehe meine Wände…
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Slow down! You –
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[S*i*]
Aus der AStA Lesung (Un-)Ruhe am 27.6.2022
Jona Kron, geboren 1993 in Arcadia (Kalifornien), studiert derzeit Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg. Sein Werdegang führte ihn von Augsburg über Ulm nach München zum Studium der Technischen Redaktion und Kommunikation. Mit der akademischen Rückkehr nach Augsburg eröffnete ihm der Studienalltag vielerlei Impulse — mitunter ein Seminar bei Jungautor Joshua Groß — wieder einer alte Liebe nachzugehen, dem kreativen Schreiben. Seither nutzt er jede sich ihm bietende Möglichkeit, seinem Schreibdrang Ausdruck zu verleihen, ob in Schreibwerkstätten, im Kritik Ressort von schauinsblau oder als Mitglied des Künstlerkollektivs Pangäa. Zusammen mit seinen Gedichten und Kurzgeschichten sucht er den Austausch mit den Kontrasten zwischen Banalität und Komplexität im Vertrauten und nimmt sich dabei den großen und kleinen Thematiken an, die ihn umtreiben. Genauso gerne wandelt er aber auf Abwegen, stets geleitet von der leisen Ahnung etwas noch Ungesagtem.